Wickel und Kompressen

für Kinder

Wickel und Auflagen auf der Kinderstation im Spital

Ein Einblick in den Spitalalltag

Heute Morgen machten Rahel und ich einen aufregenden Ausflug nach Freiburg! Wir berichten Euch hier, was wir erlebt haben zum Thema Wickel im Spital:

Vergangenen September beim regen Austausch am Fachseminar für Wickel besprachen wir die Implementierung von Wickel und Kompressen in den Spitalalltag. SRF hatte vor einigen Jahren einen Beitrag über die Komplementärmedizin im Kantonspital Freiburg gesendet, und wir wollten uns erkundigen, wie dort der Stand heute aussieht. Werden Wickel im Spital noch immer angewendet, bzw. wurde das Angebot ausgebaut, was hat sich bewährt?

Wie funktioniert die Anwendung im Spital konkret und wie kommt es bei den Patient*innen an?

Mit vielen Fragen haben wir Kontakt zur Pädiatrie Freiburg aufgenommen. Der leitende Arzt Benedikt Huber hat uns zu einem Gespräch eingeladen und uns heute Morgen in seinen Räumlichkeiten empfangen.

So konnten wir mit ihm ausführlich über Wickel im Spital sprechen.

Kinderspital Kindernotfall

Aktuelle Situation im Spitalalltag

Seit 2014 führen die Pflegenden hier im Akutbereich äussere Anwendungen durch. Sehr oft sind dies Bienenwachswickel – bei Husten, Bronchiolitis, Lungenentzündungen oder bei Bauchbeschwerden. Der Vorteil ist auch im Spital, dass die Bienenwachsplatte über Stunden am Körper bleiben kann und das Kind nicht wegen einer Intervention geweckt werden muss. Auch Thymian-Anwendungen und Quark-Kompressen werden oft gemacht. Die Wirkung von Lavendelöl-Kompressen bei Bronchiolitis wird sogar noch dieses Jahr in einer Studie untersucht.

Leider wurden bisher die Beobachtungen jedoch nicht dokumentiert oder weiter untersucht. B. Huber erzählte uns aber mit Enthusiasmus, wie die jungen, vom RS Virus geplagten Patient*innen, welche ständig husteten und weinten, nach einer abendlichen Thymiankompresse am Abend einfach durchschlafen. Oder wie sich Frühgeborene, welchen «die Hülle fehlt», mit einer Öleinreibung mit Rosenöl beruhigen und wie dieses die Substanz der zu jungen Haut sichtbar stärkt.

Durch den Mangel an Evidenzen seien andere Pädiatrien nicht interessiert an integrativer Medizin, B. Huber hat zB. mit anderen Pädiatrie in der Schweiz den Kontakt gesucht. Die komplementären Praktiken und Mittel würden von Kollegen, auch im Haus, zT. als Humbug runtergemacht.

Im Spitalalltag werden die äusseren Anwendungen gerne vom Arzt verordnet, weil B. Huber die Meinung vertritt, dass alle Therapien, ob intravenöse Medikamente oder Thymianwickel, für ihn gleichwertig in der Wichtigkeit seien. Man könne aber durchaus der Pflege einen gewissen Spielraum an eigener Entscheidung geben und vor allem in Diskussion mit der Pflege sein, wenn es darum geht, welche Anwendung sich am besten eignen würde. Die Kompetenz könnte in dem Sinne schon bei der Pflege sein, er möchte jedoch als behandelnden Arzt keinen Unterschied der Therapien machen.

Betont hat B. Huber ebenfalls, dass die Pflegenden in seiner Klinik nicht nur ausführen, was ein Arzt verordnet, sondern, dass sie an der Therapie der Patient*innen einen wesentlichen Beitrag leisten. Als 2014 die neuen Praktiken eingeführt wurden, sah das nach sehr viel mehr Aufwand für die Pflege aus. Es habe sich aber rasch herausgestellt, dass der Benefit riesig war und unter dem Strich der Zeitaufwand pro Patient*in sogar abgenommen habe, weil die Patient*innen zufriedener/ruhiger waren und auch die Pflege eine gewisse Befriedigung erlange mit der Durchführung der Anwendungen.

 

Wickel im Spital

Die Ausbildung der Pflegenden für Wickel im Spital

Anfangs wurden die Pflegenden systematisch ausgebildet durch «Soleo». Man organisierte es sogar so, dass eine Dozentin von Soleo vor Ort in Gruppen einen Basiskurs durchführte, anstatt, dass die Pflegenden da hin geschickt wurden. Danach gab man die Praktiken im Pflegealltag weiter. Es gibt auf der Abteilung eine Pflegeexpertin, welche sich zum Thema intensiv weitergebildet hat und nun als Ansprechperson fungiert.

 

Wie reagieren Eltern auf Wickel im Spital?

Die Reaktion der Eltern auf die integrative Medizin ist meistens sehr positiv. B. Huber stellt Rezepte aus, zB. für Bienenwachsplatten, womit die Eltern sich in der Apotheke für die weitere Pflege zu Hause eindecken können. Hier gibt es Probleme: diese Artikel werden nicht durch die Krankenkassen finanziert und je nach finanzieller Situation der Familien ist es einfach nicht möglich, diese Artikel zu kaufen. Sogar das HFR kann aus finanziellen Gründen keine Frischpflanzentüchlein von Alpmed anwenden. Und doch hätten sie schon Anfragen von Apotheken in der Umgebung bekommen, ihnen doch bitte eine Liste all der Artikel, welche regelmässig verordnet würden, abzugeben, damit sie alles Nötige auf Lager hätten.

Die Bienenwachsplatten bezieht das HFR bei «Wachswerk» in Deutschland. Sie applizieren gern die mit ätherischen Ölen angereicherten Platten. Im Moment gibt es Lieferschwierigkeiten und man sucht nach Alternativen. Da die Platten jeweils nur einmal gebraucht werden ist die Nachfrage hoch.

 

Wie sieht die Zukunft für komplementäre Therapien am Spitalbett aus?

Huber sieht einen riesigen Bedarf in unserer Gesellschaft, sich Kenntnisse über komplementäre Methoden und Mittel anzueignen. Die Zukunftsaussichten in der Medizin sind nicht sehr rosig; Paracetamol, Ibuprofen und Amoxicillin werden über kurz oder lang in kindgerechter Form nicht mehr im Angebot sein. Dies wird eine Lücke in der Versorgung aufreissen, welche man mit zB. äusseren Anwendungen zumindest teilweise decken könnte. Die Generation, welche heute Kinder bekommt, hat oft noch nie etwas von äusseren Anwendungen gehört und viele Migrant*innen kennen diese Praktiken ebenfalls nicht. Diejenigen, welche sie kennen, erscheinen mit ihren Kindern gar nicht auf dem Notfall – meint B. Huber etwas überspitzt. Die gesellschaftspolitische Situation macht das Ganze nicht einfacher. Eltern wollen oder müssen arbeiten, Kinder sollen/dürfen in die Kita oder in die Schule. Fürs «Kranksein» gibt es keine Zeit. Auch B. Huber beobachtet das alles – wie wir auch.

Die Umsetzung von Wickel im Spital

Huber führte uns zum Schluss auf die Abteilung seiner jungen Patient*innen, wo wir eine Anwendung einer Quarkkompresse bei einem 3-Monatigen Säugling mit Bronchiolitis beobachten durften. Die Pflegende hat uns trotz hohem Arbeitsanfall sehr nett alles erklärt. Das ging so:

Die Anwendungen sind alle sauber mit Text und Fotos beschrieben und in einem Ordner zusammengefasst. Dieser Ordner, trockene Tücher und eine riesige Rolle Haushaltspapier sind in einer mobilen «Wickelkommode» versorgt. Auf der Arbeitsplatte ausserhalb des Patient*innen Zimmers wird der Wickel vorbereitet. Es war mittlerweile halb elf und der Quark, welcher bereits seit 7 Uhr auf einem Tellerchen ausserhalb des Kühlschrankes wartete, wurde nun auf dem Papier als Päckli eingewickelt. Als Zwischenschicht diente ein Nuscheli und als Aussenschicht ein zugeschnittenes und simpel umnähtes Stück Frottee. Die Tücher wurden durch ein Warmpack vorgewärmt, welches danach, bei der Applikation,  zum Wickel dazugehörte. Wir durften der Pflegenden ins Patient*innen Zimmer folgen, wo sie dem Vater des Kindes die Anwendung kurz erklärte. Dann umwickelte die Pflegende die Brust des Kindes mit dem Wickelpack. Das Kleine musste zuerst weinen – und es hatte wirklich einen sehr üblen Husten, an der Nase war eine O2 Sonde befestigt. Als die Prozedur fertig war beruhigte es sich aber schnell und liess sich vom Vater wiegen. B. Huber erklärte uns, dass dieser Wickel ca. 30 Minuten oder etwas länger appliziert wird.

Für uns war es spannend, zu sehen, dass Quark bei so kleinen Menschlein verabreicht wird. Wir tendieren eher für ein fortgeschritteneres Alter, da der Wickel ja feucht ist und daher rasch auskühlen kann. Der Quark auf dem Tellerchen sah aber tatsächlich schon etwas krümelig aus und B. Huber erklärte die Sekret lösende und Flüssigkeit entziehende Wirkung mit dem Prozess der Milchsäure auf der Haut. So macht das Sinn.

Die Anwendung zu Hause bei Laien aber dann vielleicht doch erst so ab 1-2 Jahren.

Wickel im Alltag eines Akutspitals?

Dieser Einblick hat uns einerseits sehr gut getan: Ja, Wickel und Kompressen funktionieren auch im Akutspital bei Kindern sehr gut! Ja, man sieht eine durchwegs positive Wirkung bei allen Beteiligten! Das stärkt uns!

…Aber… auch da kämpft eine kleine Welt gegen den «Schulmedizin Drachen» und schafft es nicht, sich so richtig durchzusetzen oder bekanntzumachen und auszubreiten. Vielleicht ändert sich dies bald zwangsläufig. Wer weiss?

Nichts desto trotz machen wir fröhlich weiter mit unseren Projekten und versuchen unser Bestes, so viele Familien wie möglich zu befähigen, die Pflege ihrer Kinder selbst in die Hand zu nehmen.

Wickel Bauch